Für das neue CMS Scrivito rührt Hersteller JustRelate schon seit einiger Zeit die Werbetrommel. Von Serverless CMS ist hier die Rede, von Cloud-basiert und von Skalierbarkeit. Die üblichen Marketing-Übertreibungen? Wir haben die Pinuts-Developer Christian und Marco gefragt, was das neue Content-Management-System kann.
Live-Webinar: Headless CMS Scrivito
Präsentation und Praxistipps von Marco Rumberg, Senior System Integrator
Interview mit unseren CMS-Experten
Scrivito ist ein Cloud-basiertes JavaScript CMS. Was bedeutet das?
Christian: "Cloud-basiert" ist natürlich das Buzzword hier. Aber tatsächlich ist es so, dass ich für Scrivito keinen physischen Server mehr benötige. Das CMS liegt in der Cloud und wird vom Anbieter gehostet. Die Webseiten werden zwar weiterhin vom Browser gerendert – sprich, der HTML-Code wird von diesem interpretiert und als Webseite angezeigt. Was dahinter liegt, wird aber längst nicht mehr "zu Fuß" programmiert, sondern von einem JavaScript Code generiert.
Von JavaScript? Erklär mal.
Christian: JavaScript ist schon länger nicht mehr die reine Scriptsprache, die früher, in den Anfangszeiten der "dynamischen Webseiten", für Formulare oder Buttons genutzt wurde. Durch die Entwicklung von Libraries bzw. Frameworks wie React, dem Virtual DOM und Node.js wurde JavaScript ziemlich mächtig. Webseiten werden heute vom Code generiert - sie sind im Prinzip wie Apps, nur wird ihre Oberfläche und Funktionalität im Browser angezeigt. Das nennt man Single-Page-App. Man könnte vielleicht sagen: JavaScript ist mittlerweile eine richtige Programmiersprache, nicht mehr "nur" eine Script-Sprache.
Was ist daran der Vorteil?
Marco: Für den Entwickler ist es deutlich übersichtlicher. Komplexe Webseiten enthalten viele bi-direktionale Abhängigkeiten. Ein Beispiel unter vielen: Die kleinen Nummern, die anzeigen, wie viele Mails oder Nachrichten angekommen sind. Meistens gibt es ziemlich viele verschiedene bidirektionale Abhängigkeiten in solchen Systemen. Früher hat man so etwas über ein Event-Handling versucht, aber das wurde irgendwann zu komplex. Mit der "Flux-Architektur" von Scrivito, die sich etwa an Redux anlehnt, erzwingt man einen unidirektionalen Datenfluss. Ich lasse meine Daten immer nach unten fließen und kippe sie dann oben wieder hinein, wie in einen Trichter. Die einzelnen Programm-Ebenen nehmen sich dann die Daten, die jeweils benötigt werden. Ausnahmen, wie eine nach oben gerichtete Funktion, sind dennoch möglich.
Was hat der Anwender davon?
Marco: Für den Anwender, also den Online-Redakteur ist es einfach deutlich schneller: Es ist immer sofort zu sehen, wenn etwas geändert wird. Man kann Freigabe-Prozesse definieren, man muss es aber nicht. Der Anwender arbeitet die ganze Zeit direkt im Browser.
Wo kommen denn die ganzen Daten, Bilder, Texte und so weiter her, ohne Server?
Christian: Naja, es gibt natürlich schon eine Art "Ablage" für diese Daten. Scrivito nennt das Content Delivery Network - das sind prinzipiell in der Cloud gelagerte Festplatten, auf denen meine Bilder und Texte gespiegelt werden, um am Zielrechner schnell angezeigt werden zu können. Ja, räumliche Entfernung ist immer noch ein Faktor. Das CMS selbst benötigt keinen Server. Es hat seine eigene Scrivito-API (eine Programmier-Schnittstelle), über die es sich mit den nötigen Daten versorgt. Im Browser des Users werden diese dann nur noch "zusammengebaut".
Wie sieht es mit der Sicherheit aus?
Marco: Scrivito nutzt die Infrastruktur von AWS, die sicherlich führend ist, auch in puncto Datensicherheit. Insbesondere in konservativeren Industrie-Bereichen sind ja Stichworte wie Amazon Web Services oder "Cloud-basiert" manchmal noch rote Tücher, obwohl diese Technologien viele Vorteile haben. Es entfällt ein großer Teil des Wartungs- und Update-Aufwands und die AWS-Architektur skaliert auch kurzfristig mit den Anfragen. Merkt die Scrivito-API, dass gerade viele User meine Website benutzen, kann fast in Echtzeit mehr Rechenpower zur Verfügung gestellt werden. Das kann ich bei einem lokalen Server nur mit großem Aufwand gewährleisten - und um die Sicherheit muss ich mich trotzdem kümmern.